Samstag, 2. November 2013

Eugene Peterson: "The Pastor" (1)



http://faithoncampus.com/wp-content/uploads/2012/02/Eugene-Peterson1.jpgVor einigen Monaten hatte ich angekündigt, über Eugene Peterson und seine Memoiren „The Pastor“ zu schreiben. Dieses Versprechen will ich endlich einlösen. Ich finde, dass Petersons Auffassung von dem Beruf, von der Berufung eines Seelsorgers eine große Inspiration sein kann und besonders auch ein Korrektiv zu Konzepten, die pastorale Mitarbeiter in die Rolle von „Machern“ und „religiösen Dienstleistern“ rücken – unausgesprochen und manchmal auch ausgesprochen.
Was das verbreitete Bild von Seelsorgern [das Wort „pastor“ gebe ich durchgehend so wieder] anbelangt, so ist Peterson sehr pessimistisch. Vielleicht auch ein Stück zu pessimistisch, aber er hat natürlich die Situation in den USA im Blick, die ich nicht kompetent genug beurteilen kann.


„Die Berufung des Seelsorgers wurde ersetzt durch die Strategien religiöser Unternehmer mit Geschäftsideen. Es gibt praktisch keine Kontinuität zu Seelsorgern vergangener Zeiten.“


Besonders hier sieht Peterson einen Mangel. Wieder und wieder, auch in seinen anderen Büchern, empfiehlt er Seelsorgern die Lektüre von Texten früherer Kollegen. Dem über die Jahrhunderte bewährten Erfahrungsschatz misst er höhere Bedeutung zu als dem verzweifelten Bemühen um Heutigkeit und Originalität.


„Wir sind eine Generation, die das Gefühl hat, als müsste sie von Null anfangen, um eine Möglichkeit zu finden, dieses facettenreiche und umfassende Leben Christi darzustellen und zu nähren.“


Dieses Gefühl ist natürlich nicht einfach unberechtigt. Die religiöse Situation unserer Zeit ist eine andere als die vergangener Jahrhunderte. Das gilt es realistisch wahrzunehmen. Und möglicherweise stellt Peterson zu wenig die unausweichliche Notwendigkeit heraus, darauf kreativ zu reagieren. Aber Peterson nimmt realistisch die Gefahren der gegenwärtigen Konsumgesellschaft für das Leben der Christen wahr. Er warnt davor, dieses Leben der Konsummentalität anzupassen durch eine marktkonforme Kirche, die einfach "religiöse Dienstleistungen" anbietet,


„Die kulturellen Bedingungen, in denen ich mich befinde, machen es erforderlich, zumindest für mich selbst, dass ich meine Berufung vor diesen kulturellen Giften beschütze, die so gefährlich sind für Menschen, die Jesus auf die Weise folgen wollen, auf die er Jesus ist.“


Wie behält Peterson den klaren Blick für das, was in seiner Berufung wichtig ist?


„Ich wollte, dass mein Leben, sowohl mein persönliches als auch mein berufliches Leben, von Gott und von der Heiligen Schrift und vom Gebet geformt wird.“


Es geht also nicht so sehr darum, was ein Seelsorger tut und was er nicht tut. Es geht vielmehr darum, wie man seine Prioritäten setzt, wo der Fokus im beruflichen Selbstverständnis liegt.


„Ich mache mir Gedanken, ob an der Wurzel dieser Mängel die kulturelle Annahme liegt, dass alle Leiter Leute sind, die „Dinge erledigen“ und dafür sorgen, „dass etwas passiert“. Das gilt bestimmt für die vorherrschenden Modelle von Leitung, die aus unserer Kultur in unsere Aufmerksamkeit geraten – Politiker, Geschäftsleute, Werbemacher, Publizisten, Stars und Sportler. Aber auch wenn die Tätigkeit als Seelsorger manche dieser Komponenten enthält, so ist doch das bestimmende Element in unserer 2000 Jahre alten seelsorgerlichen Tradition nicht, „Dinge zu erledigen“. Vielmehr geht es darum, dass eine Person in einer Gemeinschaft lebt, um aufmerksam darauf zu sein und aufmerksam darauf zu machen, „was hier und jetzt geschieht“ zwischen Frauen und Männern, untereinander und mit Gott – das Reich Gottes, das sich zu allererst an konkreten Orten ereignet, das ganz persönlich ist und das mit Beten „ohne Unterlass“ einhergeht.“


Eugene Peterson rückt einem den Kopf gerade für das, was bei unserer Tätigkeit wirklich zählt. Und das sind in erster Linie keine pastoralen Konzepte, keine Methoden des Projektmanagements, kein Sich-Abmühen um Originalität und Innovation. Es ist die wache, aus Gebet und Umgang mit der Schrift kommende Aufmerksamkeit darauf, wie Gott im Leben der Menschen wirkt, mit denen wir zu tun haben. Ich habe es auch der Lektüre von Eugene Peterson zu verdanken, dass ich mich in meinem beruflichen Tun zumindest immer wieder einmal daran erinnere.

Könnt ihr mit diesen Gedanken etwas anfangen? Teilt ihr Petersons Problemanalyse?
In den nächsten Wochen werde ich versuchen, noch mehr Gedanken aus „The Pastor“ vorzustellen und zu kommentieren.

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