Dienstag, 12. März 2013

Über "Eucharistiezentriertheit"


Letzte Woche hatte ich ein Telefongespräch mit einer Kollegin, in deren Gemeinde meine Frau und ich möglicherweise ab Herbst arbeiten werden. Im Lauf des Gesprächs kam sie auf einen Pfarrer zu sprechen. Wie zur Warnung meinte sie: "Man kann schon gut mit ihm zusammen arbeiten, aber er ist doch ziemlich eucharistiezentriert." Meine Antwort "Das macht nichts, das sind wir auch" war wohl für die Kollegin aus dem Mund eines Pastoralreferenten so ungewohnt, dass sie es schlichtweg überhörte und ein paar Sätze später auch noch über die Gemeindemitglieder sagte: "Einige sind recht progressiv, aber für manche steht halt noch ganz die Eucharistie im Zentrum." - "Ganz im Sinn des Konzils", entgegnete ich. Wir haben dann schnell das Thema gewechselt.


http://www.ruhrnachrichten.de/storage/pic/mdhl/artikelbilder/nachrichten/region/hier-und-heute/1478770_1_hostie.jpg?version=1261652045Wenige Tage später hatte ich ein Gespräch mit einer Ehrenamtlichen aus einer unserer Gemeinden, eine sehr spirituelle Frau. Gebet und Bibellektüre sind für sie ganz wesentlich, aber mit der Eucharistie, bekannte sie, habe sie eigentlich noch nie etwas anfangen können.

Es bedrückt mich und macht mich ratlos, wie die Feier der Eucharistie immer mehr Menschen fremd wird. Viele finden keinen Zugang mehr zu ihr. Wie sollen sie es aber auch, frage ich mich, wenn so viele pastorale Mitarbeiter dieses Sakrament als tendenziell überholte Frömmigkeitsform einer Minderheit aus ein paar Priestern und einigen gestrigen Gemeindemitgliedern abtut. Es mutet manchmal fast grotesk an, wenn Leute, die in anderen Zusammenhängen lautstark Treue zum Konzil - oder zu dem, was sie für "das Konzil" halten - einfordern, auf der anderen Seite nichts davon wissen wollen, dass das Zweite Vatikanum gleich an zwei Stellen die unvergleichliche Bedeutung der Eucharistie als "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens" herausstreicht.

Natürlich begegnet man in unserer Kirche hin und wieder unschönen Formen von klerikalem Dünkel, und natürlich gefällt mir das ebenso wenig wie den meisten meiner Kollegen. Die Betonung der zentralen Stellung des eucharistischen Sakraments hat aber nichts mit Klerikalismus zu tun, sondern damit, dass wir dort dem Glutkern unseres Glaubens begegnen. "Gottheit, tief verborgen, betend nah' ich dir. Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier", wie Thomas von Aquin gedichtet hat.

Der bedeutende Liturgiewissenschaftler Josef Andreas Jungmann SJ beginnt sein großes Werk "Missarum Sollemnia" mit folgendem schönen Absatz:

"Seitdem der Gottmensch über unsere Erde geschritten ist und seine irdischen Tage beschlossen hat mit dem Erlösungsopfer am Kreuze, hat jene Feier ihren Anfang genommen, die von da an als geheimnisvolle erneuerung seiner welterlösenden Selbsthingabe durch alle Jahrhunderte und durch alle Länder geht und die nie mehr aufhören wird, bis er wiederkommt. In endloser Wiederholung, bald mit festlichem Gepränge und im Gewoge der Tausende, bald in der Stille einer einsamen Seitenkapelle, in der Ärmlichkeit einer kleinen Dorfkirche, in irgendeinem Winkel, von dem gottgeweihte Menschen ausziehen zu ihren Werken der Liebe, überall vollzieht sich Tag für Tag dasselbe Geheimnis. Kaum durch eine dünne Wand vom Markt des Lebens getrennt, steht es mitten unter den Menschen, die sich herandrängen an die göttliche Gnade, die hier aufleuchtet, die ihre Hände hilfesuchend darnach ausstrecken, dass sie nicht versinken in der Nichtigkeit und in der Gottfremde des Lebens."

2 Kommentare:

  1. Wie jetzt? Das so häufig durchgängige Beiseiteschieben der Eucharistie und des Herrn im Tabernakel ist System? Ein Beitrag zur "Theorie"?(das ist jetzt keine Ironie, ich kann gerade nicht entscheiden was schmerzhafter ist, wenn so etwas aus verlorenem Wissen oder aus Absicht geschieht)

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  2. Ich denke auch, dass "Eucharistiezentriertheit" an sich nicht schlimm ist. Es muss aber in Anlehnung an Josef Andreas Jungmann SJ wieder "mitten unter die Menschen". Wir sitzen zusammen an einem Tisch. Dies wird nicht immer deutlich und daher kann ich auch verstehen, wenn die Feier der Eucharistie manchen Leuten fremd wird.

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