Dienstag, 12. März 2013

Gemalte Ikonen und lebende Ikonen


http://www.schreibmayr.de/images/product_images/popup_images/4698_0.jpgIkonen gewinnen hierzulande immer mehr an Beliebtheit. In der Ostkirche hatten sie schon immer große Bedeutung als Fenster in die Welt Gottes hinein, bzw. noch eher als Fenster, durch die das Licht der göttlichen Welt in unsere Welt hinein scheint. Der russische Theologe und Philosoph Pavel Florenskij schreibt über die Ikonostase, die in orthodoxen Kirchen den Kirchenraum vom Altar trennt: "Die Ikonostase schlägt Fenster in die Wand und durch ihre Scheiben sehen wir - zumindest können wir sehen -, was hinter ihnen vorgeht, wir sehen die lebendigen Zeugen Gottes."

Die Ikonenwand verstellt nicht etwa den Blick auf das Wesentliche. Sie ermöglicht uns überhaupt erst, das Wesentliche zu sehen, das für unsere Augen eigentlich unsichtbar ist. Durch ihre Vermittlung vermögen wir, das Licht Gottes zu erkennen, das für uns niemals auf "unmittelbare" Weise zu sehen ist.

Es gibt Menschen, die wie Ikonen sind, in deren Blick etwas vom Licht der göttlichen Welt aufscheint. Ich hatte diesen Gedanken, als ich neulich ein Wochenende in einem Franziskanerinnenkloster verbracht habe. Den Gottesdienst am Sonntag haben wir in der Kirche des Klosteraltenheims zusammen mit den alten Franziskanerinnen gefeiert. Es war beeindruckend, diese alten Gesichter zu sehen, gezeichnet von einem langen Leben des Gebets und der caritativen Arbeit. Gesichter wie Fenster.

Dabei dachte ich auch an eine andere Ordensschwester, die mich im letzten Jahr in einer kurzen Begegnung beeindruckt hat. Es war eine schwedische Benediktinerin aus dem kleinen Kloster Omberg mitten in der schwedischen Pampa. Wir waren mit einer Gruppe aus Pastoralassistenten zu einer Studienfahrt in Schweden, und die Nonne erzählte von ihrem Kloster. Mir ist kein einziger Satz wirklich in Erinnerung geblieben, den sie in diesen wenigen Stunden gesagt hat. Aber selten bin ich Menschen begegnet, durch die auf eine solche Weise die Präsenz Gottes hindurch geleuchtet hat. Auf einmal wird die Wirklichkeit, an die zu glauben oft so schwer fällt, sichtbar, für eine kurze Zeit, wie in einer Ikone, wie durch ein Fenster, in eine Wand geschlagen, und wir ahnen, was hinter ihr vorgeht.

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