Dienstag, 7. Juni 2016

Leitungskongress (VI): Christine Caine - In der Dunkelkammer Gottes

„Jeder braucht eine verrückte Tante aus Australien“, bemerkte Christine Caine zu Beginn ihres Vortrags – und als solche präsentierte sie sich. Zugleich überdreht und erfrischend, forderte Christine Caine mit ihrem ungebremsten Redefluss die ausgezeichnete Simultanübersetzerin ganz gehörig. Christine Caine hat eine schwere Lebensgeschichte hinter sich, geprägt von sexuellen Missbrauchserfahrungen in ihrer Kindheit. Heute ist sie Autorin einer Reihe christlicher Bücher und gemeinsam mit ihrem Ehemann Gründerin mehrerer Organisationen: zur Bekämpfung von Menschenhandel, zur Unterstützung christlicher Gemeinden und Gemeinschaften weltweit und zur Förderung von jungen Frauen in Leitungspositionen.

In Hannover sprach Christine Caine von der Dunkelkammer Gottes. Sie erinnerte an die Zeiten (lang ist’s her), als man in eine Fotokamera noch einen Film einlegen musste, der dann in der Dunkelkammer eines Fotolabors entwickelt werden musste. Gott „entwickelt“ und in seiner Dunkelkammer. Wir wollen aber häufig aus dieser Dunkelkammer Gottes fliehen, bevor er mit uns fertig ist. Christine Caine wies mit dieser Metapher auf die langen Durststrecken hin, die es im Leben eines Seelsorgers und Gemeindeleiters gibt. Wo sich Erfolge nicht einstellen wollen, wo nichts vorwärts zu gehen scheint, wo Frust und Selbstzweifel wachsen. Nach Christine Caine sind das Zeiten, die wir in der Dunkelkammer Gottes verbringen. Gott nutzt diese Zeiten für unsere Entwicklung. Das gilt es durchzuhalten – in der Zuversicht, dass Gott Großes mit uns vorhat, auch wenn das noch nicht sichtbar ist.

Christine Caines Begeisterung für den Glauben war ansteckend und motivierend. Zugleich war das auch einer der Vorträge, während denen für mich deutlich wurde, dass dieser Stil, über den Glauben zu reden, für mich zwar ein interessantes Gegengewicht zu der meist sehr zurückhaltenden, defensiven Glaubenssprache meiner eigenen Kirche ist, dass ich das aber auch nicht immer haben wollte.

Ermutigung hatte Christine Caine gerade auch für die Kirche in Deutschland parat. Enthusiastisch lobte sie die Aufnahmebereitschaft vieler Deutscher in der Flüchtlingsfrage: „The grace of this nation is unbelievable!“ Kurz vor dem Kongress in Hannover war die Stimmung in manchen Kreisen in Deutschland ja schon sehr stark am Kippen, insbesondere nach der Silvesternacht in Köln. Da war es umso interessanter und hoffnungsvoller zu erleben, wie engagierte Christen aus dem Ausland – und zwar keine liberal-progressiven, sondern evangelikale – die Situation wahrnahmen. „Die Augen der Welt schauen auf euch!“ rief Christine Cainer ihren deutschen Zuhörern zu. Und sie zeigte sich überzeugt: „Die größten Tage der Kirche in dieser Nationen liegen vor uns, nicht hinter uns.“
Diesen Optimismus können wir dringend gebrauchen. So oft nimmt der Blick auf die Kirche in Deutschland nur Abwärtstrend, Niedergang, Bedeutungsverlust wahr. Aber darunter können sich unerwartete Aufbrüche ereignen. Und sie ereignen sich auch bereits vielerorts. Wir dürfen noch etwas erwarten von der Zukunft der Kirche in unserem Land.

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