„Jeder braucht
eine verrückte Tante aus Australien“, bemerkte Christine Caine zu
Beginn ihres Vortrags – und als solche präsentierte sie sich.
Zugleich überdreht und erfrischend, forderte Christine Caine mit
ihrem ungebremsten Redefluss die ausgezeichnete Simultanübersetzerin
ganz gehörig. Christine Caine hat eine schwere Lebensgeschichte
hinter sich, geprägt von sexuellen Missbrauchserfahrungen in ihrer
Kindheit. Heute ist sie Autorin einer Reihe christlicher Bücher und
gemeinsam mit ihrem Ehemann Gründerin mehrerer Organisationen: zur
Bekämpfung von Menschenhandel, zur Unterstützung christlicher
Gemeinden und Gemeinschaften weltweit und zur Förderung von jungen
Frauen in Leitungspositionen.
In Hannover sprach Christine Caine von
der Dunkelkammer Gottes. Sie erinnerte an die Zeiten (lang ist’s
her), als man in eine Fotokamera noch einen Film einlegen musste, der
dann in der Dunkelkammer eines Fotolabors entwickelt werden musste.
Gott „entwickelt“ und in seiner Dunkelkammer. Wir wollen aber
häufig aus dieser Dunkelkammer Gottes fliehen, bevor er mit uns
fertig ist. Christine Caine wies mit dieser Metapher auf die langen
Durststrecken hin, die es im Leben eines Seelsorgers und
Gemeindeleiters gibt. Wo sich Erfolge nicht einstellen wollen, wo
nichts vorwärts zu gehen scheint, wo Frust und Selbstzweifel
wachsen. Nach Christine Caine sind das Zeiten, die wir in der
Dunkelkammer Gottes verbringen. Gott nutzt diese Zeiten für unsere
Entwicklung. Das gilt es durchzuhalten – in der Zuversicht, dass
Gott Großes mit uns vorhat, auch wenn das noch nicht sichtbar ist.
Christine Caines Begeisterung für den
Glauben war ansteckend und motivierend. Zugleich war das auch einer
der Vorträge, während denen für mich deutlich wurde, dass dieser
Stil, über den Glauben zu reden, für mich zwar ein interessantes
Gegengewicht zu der meist sehr zurückhaltenden, defensiven
Glaubenssprache meiner eigenen Kirche ist, dass ich das aber auch
nicht immer haben wollte.
Ermutigung hatte Christine Caine gerade
auch für die Kirche in Deutschland parat. Enthusiastisch lobte sie
die Aufnahmebereitschaft vieler Deutscher in der Flüchtlingsfrage:
„The grace of this nation is unbelievable!“ Kurz vor dem Kongress
in Hannover war die Stimmung in manchen Kreisen in Deutschland ja
schon sehr stark am Kippen, insbesondere nach der Silvesternacht in
Köln. Da war es umso interessanter und hoffnungsvoller zu erleben,
wie engagierte Christen aus dem Ausland – und zwar keine
liberal-progressiven, sondern evangelikale – die Situation
wahrnahmen. „Die Augen der Welt schauen auf euch!“ rief Christine
Cainer ihren deutschen Zuhörern zu. Und sie zeigte sich überzeugt:
„Die größten Tage der Kirche in dieser Nationen liegen vor uns,
nicht hinter uns.“
Diesen Optimismus können wir dringend
gebrauchen. So oft nimmt der Blick auf die Kirche in Deutschland nur
Abwärtstrend, Niedergang, Bedeutungsverlust wahr. Aber darunter
können sich unerwartete Aufbrüche ereignen. Und sie ereignen sich
auch bereits vielerorts. Wir dürfen noch etwas erwarten von der
Zukunft der Kirche in unserem Land.
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