Es war ein lebhafter Kontrast zu den Gedanken von Eugene Peterson, was ich in James N. Reinhardts Buch "22 Steps to a Great Catholic Parish" gefunden habe. Reinhardt legt einen aus dem amerikanisch-katholischen Kontext kommenden How-to-Guide für die Arbeit in Kirchengemeinden vor. Als frisch mit der Gemeindeleitung beauftragter Seelsorger war ich neugierig auf dieses Buch, als ich im Internet zufällig darauf stieß. Mein ambivalentes Fazit nach dem Lesen: Das Buch ist nicht gut, aber nützlich.
Es ist nicht gut, weil es aus genau derjenigen fragwürdigen spirituellen und pastoralen Grundhaltung heraus verfasst ist, gegen die sich Peterson in seinen Veröffentlichungen wendet. Es geht bei Reinhardts 22 Steps andauernd darum, was wir alles "machen" müssen, damit unsere Gemeinde "great" wird. Das bedeutet nicht, dass in diesem Buch Gebet, Glaubensgespräche und Umgang mit der Schrift keine Rolle spielen würden. Aber die Grundhaltung ist - theologisch gesprochen - mehr oder weniger offen pelagianisch: Es kommt auf unser Tun an, und das Ziel ist es, Erfolg zu haben, eine großartige, überdurchschnittliche Gemeinde aufzubauen. Müsste aber nicht zumindest auch davon die Rede sein, dass Seelsorge zu einem Großteil der Zeit der ganz unspektakuläre Versuch ist, in einer ganz gewöhnlichen Gemeinde zusammen mit ganz gewöhnlichen Menschen dem Wirken Gottes im ganz gewöhnlichen Leben dieser Menschen auf die Spur zu kommen? Pastoral bedeutet doch oft ganz banal, mit den vorgefundenen Bedingungen einer Gemeinde umzugehen, damit zurechtzukommen, dass sie nur sehr begrenzt "optimierbar" ist - was nicht zuletzt mit dem sich einem realistischen Blick zeigenden Unvollkommenheit meiner selbst als Seelsorger zu tun hat.
Nun ist es aber natürlich auch richtig, dass diese Sicht nicht als spirituell verbrämte Rechtfertigung pastoraler Trägheit herhalten darf. Natürlich sollen wir uns nicht zurücklehnen und mit Verweis auf den Vorrang der Gnade Gottes unsere Arbeit einstellen. Und natürlich gibt es Dinge, die in unseren Kirchengemeinden verbessert werden können, gibt es Hindernisse, die gerade dem Eigentlichen im Weg stehen, und die wir deshalb geduldig und stetig abbauen sollten. Und hier gibt Reinhardts Buch durchaus nützliche Anregungen. Er lenkt den Blick auf die Frage, was wir dafür tun, dass sich Menschen in unseren Gottesdiensten und auch in unseren Büros willkommen fühlen. Er wirbt dafür, dass wir Möglichkeiten zur Vertiefung des Glaubens ins Zentrum unserer Aktivitäten stellen sollten, und dass dann daraus eine Haltung erwächst, in der Menschen gerne und selbstverständlich Geld, Zeit und Talente für die Glaubensgemeinschaft Kirchengemeinde einbringen. Er erinnert daran, dass Hauptamtliche wieder und wieder denen, die sich auf diese Weise einbringen, Zeichen und Worte der Wertschätzung entgegenbringen sollten.
Eine Menge brauchbarer Gedanken für ein Buch, das eigentlich - genau genommen - nicht wirklich gut ist :-)
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